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Seeadler sterben in Schleswig-Holstein – Wird die majestätische Art vergiftet?

​Tote Seeadler und Bussarde in der Schleiregion werfen Fragen auf: Wird die steigende Population durch illegale Vergiftungen bedroht? Der Verein Seeadlerschutz Schlei e.V. schlägt Alarm und fordert Aufklärung.

Auffällige Todesfälle in kurzer Zeit

In den letzten Monaten wurden in der Schleiregion ungewöhnlich viele tote Greifvögel entdeckt – darunter zwei Seeadler und mehrere Mäusebussarde. Der Verein Seeadlerschutz Schlei e.V. berichtet von mehreren Fällen innerhalb kurzer Zeit, bei denen die Vögel vor ihrem Tod auffälliges Verhalten zeigten. Der Verdacht auf illegale Vergiftungen steht im Raum, doch die Untersuchungen laufen noch.

Einzelne Fälle – ein mögliches Muster

Bereits im Februar wurde ein verhaltensauffälliger Mäusebussard aus Ulsnis gemeldet. Das Notfallteam des Vereins nahm den Vogel auf, der jedoch noch am selben Tag verendete. Im März dann ein ähnlicher Fall – erneut aus Ulsnis: Ein Seeadler mit vergleichbaren Symptomen konnte gesichert und in eine Wildtierauffangstation gebracht werden. Auch er starb nur einen Tag später. Es handelte sich um das Männchen eines bekannten Brutpaares, das vor 22 Jahren im Kreis Plön beringt worden war.

Weitere Funde und laufende Untersuchungen

Kurz darauf wurde ein toter Mäusebussard am Schwansener See gefunden, Anfang Mai ein weiterer Seeadler in einem Wald bei Rabel. Auch dieses Tier war beringt und stammt ursprünglich aus Mecklenburg-Vorpommern, wo es vor 25 Jahren markiert wurde. Zwei Kadaver werden derzeit toxikologisch untersucht, ein weiterer wird geröntgt. Sollte sich herausstellen, dass die Tiere vergiftet wurden, will der Verein Anzeige gegen Unbekannt erstatten und eine Belohnung ausloben.

Keine Einzelfälle: Parallelen in Dithmarschen

Ähnliche Fälle treten auch in anderen Regionen auf: In Dithmarschen wurden seit Januar drei tote Seeadler gefunden. Die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchungen stehen noch aus. Bei einem toten Mäusebussard konnte Gift bereits nachgewiesen werden.

Kritik an behördlicher Diagnostik

Der Verein Seeadlerschutz Schlei e.V. kritisiert, dass Labore der Landesbehörden in einigen Fällen lediglich Tupferproben auf das Vogelgrippevirus H5N1 durchführen, aber auf weitere Untersuchungen verzichten. Da Seeadler auch Aas fressen, könnten sie infizierte Tiere aufnehmen, ohne selbst schwer zu erkranken. Wäre H5N1 eine ernsthafte Bedrohung für die Art, gäbe es heute wohl keine Seeadler mehr in Deutschland, heißt es in der Mitteilung. Deshalb sei die Ursache "Vogelgrippe" wenig plausibel.

Widerspruch zwischen Bestandszahlen und Revierentwicklung

Die Entwicklung erscheint widersprüchlich: Einerseits wächst die Seeadlerpopulation, andererseits verschwinden auffällig viele Tiere. Allein in Schleswig-Holstein wurden laut Artenschutzbericht 2024 bisher 145 Jungadler gezählt, über 1.000 in den letzten zehn Jahren. Auch in Dänemark und Mecklenburg-Vorpommern sind hohe Jungtierzahlen bekannt. Doch während viele junge Adler umherstreifen und auf Reviersuche gehen, entstehen laut Bericht kaum neue Brutreviere. 2024 kamen fünf Neuansiedlungen fünf verwaisten Revieren gegenüber.

Appell an die Bevölkerung: Augen auf und melden

Der Verein weist darauf hin, dass natürliche Todesursachen wie Revierkämpfe zwar vorkommen, aber nicht die hohe Zahl verschwundener oder verendeter Adler erklären können. Neben Vergiftungen werden auch Windkraftanlagen und illegale Abschüsse als Gefahren benannt. Die Bevölkerung in der Region wird aufgerufen, tote oder verletzte Greifvögel umgehend an den Seeadlerschutz Schlei e.V. zu melden – per WhatsApp an 0160-4848926 oder per Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.