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Die Quasi-biennale Oszillation – Wie ein Windband das Winterwetter in Mitteleuropa prägt

Ein spannender Blick auf die Mechanik der QBO, ihre Bedeutung für deutsche Winter – und was sich für den Winter 25/26 sagen lässt.

1. Was ist die Quasi-biennale Oszillation (QBO)?

Die Quasi-biennale Oszillation ist ein rhythmisches Wechselspiel der Winde in der tropischen Stratosphäre – in etwa 16 bis 50 km Höhe. Etwa alle 26 bis 32 Monate kippt die Windrichtung dort von West nach Ost und wieder zurück.
Diese Phasen beeinflussen die Stratosphäre weltweit, und damit indirekt auch unser mitteleuropäisches Winterwetter.

Vereinfacht gesagt:

  • QBO-Ostphase (Ostwinde):
    → fördert eher gestörte Polarwirbel,
    → erhöht die Wahrscheinlichkeit für Kälteausbrüche nach Europa.
  • QBO-Westphase (Westwinde):
    → stabilisiert den Polarwirbel,
    → begünstigt milde, atlantisch geprägte Winter in Deutschland.

Die QBO wirkt dabei nicht allein – sie interagiert z. B. mit der ENSO (El Niño/La Niña), der Schneebedeckung in Sibirien und der Meereisverteilung in der Arktis.

2. QBO und deutsche Winter – ein Blick in die Vergangenheit

Die Korrelationen sind nicht perfekt, aber statistisch klar erkennbar:

QBO-Ostphasen:

  • erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Polarwirbel-Schwächen (Sudden Stratospheric Warmings, SSW),
  • führen dadurch öfter zu Blockadelagen und Kälteperioden in Mitteleuropa,
  • Beispiele historischer Ostphasen mit kalten Wintern:
    • 1962/63, einer der kältesten Winter Europas
    • 1984/85, strenger Januar
    • 2009/10, sehr kalter und schneereicher Winter in Deutschland

QBO-Westphasen:

  • korrelieren mit starken Polarwirbeln,
  • begünstigen stürmisch-milde Atlantikwinter,
  • Beispiele:
    • 1988/89, extrem mild
    • 2013/14, nahezu schneelos
    • 2019/20, der wohl mildeste Winter seit Beginn der Messungen

Wichtig:
QBO ist kein Schalter, sondern ein Verstärker bestimmter großräumiger Muster.

3. Die Mechanik dahinter: Warum beeinflusst die QBO unseren Winter?

  1. Stratosphärisch–troposphärische Kopplung:
    QBO-Windrichtungen verändern die Verteilung der Wellenenergie in der Stratosphäre.
  2. Einfluss auf den Polarwirbel:
    • Ostphasen → Wirbel wird „angegriffen", destabilisiert
    • Westphasen → Wirbel bleibt kompakt und stabil
  3. Rückwirkung auf den Jetstream:
    Bei einem gestörten Polarwirbel kann der Jetstream nach Süden ausbrechen → mitteleuropäische Kältewellen.
  4. Verstärkung durch Schneedecke und ENSO:
    Ost-QBO + El Niño z. B. ist eine bekannte Kombination mit hoher SSW-Wahrscheinlichkeit.

4. Was bedeutet das für den Winter 25/26?

Da wir uns derzeit in einer QBO-Ostphase befinden, ist die großräumige Ausgangslage für den kommenden Winter grundsätzlich spannend. Ostphasen bringen in der Regel instabilere Bedingungen in der Stratosphäre, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Polarwirbel geschwächt oder zeitweise sogar gestört wird.

Aktuelle QBO-Lage: Ostphase

Die laufende Ostphase bedeutet:

Die tropische Stratosphäre weist vorherrschende Ostwinde auf.

Diese Windrichtung begünstigt, dass planetare Wellen stärker in die Stratosphäre eindringen.

Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit für ein Sudden Stratospheric Warming (SSW).

Ein SSW kann den Polarwirbel stark schwächen oder teilen – und kalte Luft wird leichter nach Europa umgelenkt.

5. Zusammenfassung – Warum die QBO auch in Zukunft spannend bleibt

  • Die QBO ist einer der mächtigsten, aber oft unterschätzten Steuerfaktoren des Winterwetters.
  • Besonders Deutschland reagiert deutlich auf die Veränderungen in der Stratosphäre.
  • Trotz klimatischer Erwärmung bleibt die QBO ein zentraler Motor für Winterextreme.
  • Auch im Winter 25/26 wird sie maßgeblich beeinflussen, ob Mitteleuropa eher milde Atlantikluft oder kontinentale Kälte erlebt.