wetter.net

​Superzellen im Anmarsch? Wenn Gewitter zur Extremgefahr werden

​Am morgigen  Mittwoch deuten Wettermodelle auf die mögliche Entwicklung von Superzellen hin – der gefährlichsten Form von Gewittern, die unsere Atmosphäre zu bieten hat. Grund genug, dieses seltene, aber potenziell verheerende Phänomen genauer unter die Lupe zu nehmen.

Was ist eine Superzelle?

Superzellen sind hoch organisierte, langlebige Gewitterzellen mit einem entscheidenden Unterschied zu normalen Gewittern: einem rotierenden Aufwindbereich, der sogenannten Mesozyklone. Diese Rotation entsteht durch starke Windscherung – also durch Veränderungen in Windrichtung und -geschwindigkeit mit der Höhe.

Superzellen machen zwar nur etwa 10 % aller Gewitter weltweit aus, doch ihre Auswirkungen können dramatisch sein: großer Hagel, orkanartige Böen, extreme Niederschläge und Tornados sind typische Begleiterscheinungen.

Wie entsteht eine Superzelle?

Voraussetzungen für die Bildung einer Superzelle sind:

  • Starke vertikale Windscherung (z. B. Südwind am Boden, Westwind in der Höhe)
  • Hohe Labilität (viel Energie für Aufwinde – gemessen in CAPE)
  • Feuchtwarme Grundschicht in Kombination mit trockener Höhenluft
  • CIN (eine „Deckelung", die zunächst Gewitter unterdrückt, dann aber durchbrochen wird)

Die dabei entstehende Rotation wird durch den Aufwind in die Vertikale gekippt – es bildet sich eine Mesozyklone. Diese stabilisiert den Aufwind und sorgt dafür, dass das Gewitter stundenlang aktiv bleiben kann.

Radarerkennung: Die Superzelle sichtbar machen

Typische Radarsignaturen sind:

  • Hook-Echo: hakenförmiger Niederschlagsbereich
  • V-Notch: V-förmige Ausbuchtung des Regenkerns
  • Rotationssignaturen im Doppler-Radar (Radialwinddaten)

Superzellen verlagern sich häufig abweichend von der Hauptströmung – sogenannte Rightmover oder Leftmover.

Die drei Superzellen-Typen
  1. LP (Low Precipitation): wenig Regen, aber oft großer Hagel, schwer zu erkennen
  2. Klassische Superzelle: deutlicher Aufwindbereich, abgesetzter Niederschlag, häufig Großhagel
  3. HP (High Precipitation): sehr viel Regen, Aufwind verdeckt, hohe Tornado- und Überflutungsgefahr
Gefahren durch Superzellen
  • Hagel mit 4–10 cm Durchmesser, vereinzelt größer
  • Orkanböen über 120 km/h
  • Tornados, auch in Deutschland möglich
  • Starkregen mit lokaler Überflutungsgefahr

Beispiele aus Deutschland:

  • München (1984): extremer Hagel
  • Reutlingen (2013): Superzellenzug über 10 Stunden
  • Bützow (2015): schwerer Tornado
Wichtige Vorhersageparameter ParameterRichtwerte für SuperzellenbildungSCP (Supercell Composite Parameter)>4 = sehr wahrscheinlichSRH 0–3 km (Storm Relative Helicity)>150 m²/s² = rotierender Aufwind möglichDLS (Deep Layer Shear)>15 m/s = Organisation & TornadopotenzialCAPE (Convective Available Potential Energy)>1000 J/kg = starke AufwindeCIN (Convective Inhibition)Vorhanden, aber überwindbar = ideal Fazit: Gefahr erkennen – rechtzeitig handeln

Superzellen sind selten, aber wenn sie auftreten, bringen sie oft extreme Wetterbedingungen mit sich. Die Gefahr geht nicht nur von der Intensität, sondern auch von ihrer langlebigen und strukturierten Natur aus.

Für Mittwoch ist erhöhte Wachsamkeit geboten: Die Kombination aus starker Windscherung, hoher Labilität und feuchter Luft bietet das ideale Umfeld für Superzellenentwicklung. Wir werden die Lage daher genau beobachten.